Donnerstag, 22. April 2010

Asche zu Asche...

Nicht schlecht gestaunt habe ich gestern, als ich nach der Arbeit zu meinem Routinebesuch am Feuerteich 10 auftauchte und dabei einen sensationellen Fund machte. Die anwesenden Arbeiter hatten einen verschnürten Sack aus der Wand gezogen und achtlos zur Seite geworfen, ohne zu wissen, was sie da entdeckt hatten.

Mein geschultes Auge verriet mir jedoch sofort, dass es sich dabei nur um einen jahrtausende alten mumifizierten Leichnam handeln konnte, der dort nach einem äußerst  seltenen, sowie niemals durch einen Fund bestätigten Totenritual in der Wand bestattet worden sein musste.


Dazu kamen immer mehr erstaunlich gut erhaltene Grabbeigaben zum Vorschein, die von einer hochentwickelten und bislang offensichtlich unbekannten Kultur stammen mussten. Ich fühlte mich wie der Entdecker eines Pharaonengrabes!

Als ich schließlich Kai darauf aufmerksam machte, hatte er schon im nächsten Augenblick das Niedersächsische Landesamt für Denkmalschutz in Hannover am Apparat und bat darum, umgehend einen Archäologen vorbeizuschicken, wohlwissend um das zu erwartende Medieninteresse, welches dem jungen Verein dadurch beschert werden würde.

Aufgeregt warteten wir vor der Tür auf die Ankunft des Spezialisten und berieten schon darüber, welche Fernsehsender man am besten einladen sollte, über den Fund zu berichten.

Nach dem Eintreffen des Archäologen geschah aber das Unfassbare: Die Mumie war verschwunden! Völlig fassungslos durchsuchten wir jeden Winkel des Raumes - erfolglos...

Ein Arbeiter, der unsere Verzweiflung bemerkte, fragte schließlich, was wir denn wohl suchten. "Ach, den Mörtelsack. War der letzte, holt mal Nachschub, die Wand muss noch fertig verputzt werden."



Ihr glaubt gar nicht, wie unangenehm unser Finanzminister in einer solchen Situation werden kann...

Was blieb anderes übrig, als der neuerlichen "Wandbestattung" wenigstens einen würdigen Rahmen in Form einer Andacht mit einem kleinen Abendmahl zu verleihen. In Ermangelung von Messwein und Oblaten wurden kurzerhand Lungenbrötchen und Hasseröder verteilt

Andächtig versammelten wir uns vor der mit der Mumie verputzten Wand und tauften sie kurzerhand auf den Namen "Rudi". Ein letztes Häufchen der sterblichen Überreste schien uns stumm anzuklagen - wie niederschmetternd!

Mit den Tränen ringend begann ich ein Lied vor mich hin zu summen, ganz leise...
Nach und nach stimmten die Männer ein und aus dem Summen wurde Gesang.

Lauter und lauter dröhnte jetzt ein Lied, dem Anlass durchaus angemessen, aus unseren vollen Kehlen:




"Keine Atempause,
Geschichte wird gemacht,
es geht voran"

Nachdem der letzte Ton verhallt war und wieder Totenstille einkehrte bellte der Häuptling: "Wie gewonnen, so zerronnen" und ging neuen Mörtel holen.

"Asche zu Asche, Staub zu Staub" würde jetzt besser passen, dachte ich bei mir.

Noch bevor ich den Gedanken zu Ende gedacht hatte, trollte sich der Archäologe und alle anderen gingen wieder an die Arbeit.


Es wurde gebohrt und abisoliert, es wurden Türen eingesetzt und die nächste Wand verputzt, als wäre nichts gewesen. War das alles etwa nur ein ein Traum?

Tja, aber wie es ganz tief in uns drin ausgesehen hat, dass sieht man nicht auf den Bildern, nein, das bleibt unser aller Geheimnis...

Ich werde jetzt noch eine schöne Platte von Barbara Streisand hören und mich dann betrinken.

Nein, ich denke, ich werde mich lieber vorher betrinken...

In stillem Gedenken an Rudi,

Gute Nacht!

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